1/03/2016

Rezension: "Lists of Note - Aufzeichnungen, die die Welt bedeuten" von Shaun Usher

Viele dieser Listen beinhalten wertvolle Ratschläge, die man sich den Rest seines Lebens zu Herzen nehmen sollte. Andere stellen überraschende historische Momentaufnahmen dar. Manche sind einfach nur ein Vergnügen zu lesen, doch für jede einzelne Liste gilt, dass sie die Welt bedeutet.

Shaun Usher

(S.17, Einleitung von Shaun Usher)



Es ist mal wieder so weit. Ich hatte über den Dezember einige Zeit, mich in geschenkten (und schon länger auf dem SuB herumkullernden) Büchern zu wälzen. (Ja, so lese ich. Ich wälze mich in Büchern, schnappe Wortgruppen auf und fügte das zu einer Geschichte zusammen. Exakt so.) Ich habe eine Vielzahl von Büchern angefangen und jetzt endlich auch mal eins komplett geschafft. Ich bin nämlich nicht lese-faul (wie die wenigen Rezensionen vielleicht vermuten lassen), sondern lese-übereifrig. Kennt ihr das? Man liest ein richtig gutes Buch und auf der Hälfte dieses Buches begegnet einem das nächste richtig gute Buch, das man natürlich auch sofort anfangen muss, und dann das nächste und man würde sie am liebsten alle auf einmal lesen und dann liest man fünf Bücher parallel und kriegt keins fertig. Das ist sozusagen mein persönlicher Lese-Dauerzustand. 

Und was wäre wohl ein besseres Fundament für eine Besserung im neuen Jahr, als ein Buch über Listen zu lesen? Chaos-bekämpfende, wundervolle, lustige, tiefgründige, herrliche, überraschende, inspirierende, aber vor allem - im Gegensatz zu meinen Lesegewohnheiten - strukturierte Listen. Ich habe das Buch nicht unbedingt mit dem Hintergedanken, die Liebe zu To-Do-Listen zu entdecken, gekauft - aber letztendlich ist eine solche Hommage an die Aufzählung ein durchaus passendes Buch für eine Rezension zum Jahresbeginn. Also, ihr ganzen Gute-Vorsätze-Vorsetzer, die ab Mitte Januar dann doch nicht mehr ins Fitnessstudio gehen (ich fühle mit euch, keine Angst): Hier kommt die geballte Power an To-Do-Listen und aufgelisteten Lebensweisheiten. Und überraschend viele andere Dinge.


Die Fakten


Was ist das für ein Buch?
Bildquelle: Amazon
* ein Listen-Sammelsorium der Extraklasse
* ein sehr inspirierendes
* Sachbuch

Wer hat's geschrieben?
* Berühmte, Berüchtigte und ganz Gewöhnliche
* zusammengetragen wurden die Listen aber von Shaun Usher

Wann veröffentlicht?
* 2014 in England
* 2015 in Deutschland

Wo wurde es veröffentlicht?
* Wilhelm Heyne Verlag (Deutschland)
* Canongate Books Ltd. (England)

Wie viel kostet der Stoff?
* 34,99€

Will haben?


Der Inhalt


Menschen halten ihre Gedanken, Pläne und Aufgaben bereits seit Urzeiten in Listenform fest. Sie sind die Kurzfassung all der Dinge, die uns wichtig sind: unsere Hoffnungen und Träume; Vorlieben und Abneigungen; Richtlinien für das Leben und die Liebe; Aufzeichnungen unserer Gedanken und Erinnerungen an die Dinge, die wir noch erledigen wollen, bevor wir sterben.
Nach seinem Weltbestseller Letters of Note hat Shaun Usher erneut die Archive dieser Welt durchstöbert, um die ungewöhnlichsten und großartigsten Listen der Weltgeschichte zusammenzustellen, von der Antike bis in die heutige Zeit. Die Sammlung reicht von einer To-do-Liste von Leonardo da Vinci über Charles Darwins Aufzeichnungen über die Vor- und Nachteile einer Ehe bis zu Marilyn Monroes Liste der Männer, mit denen sie gern eine Nacht verbringen würde. Lists of Note bietet überraschende Einblicke in all die Dinge, die unser Leben menschlich machen.


(c) Shaun Usher "Lists of Note - Aufzeichnungen, die die Welt bedeuten", Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH 


Der Autor


Bei Shaun Usher bin ich sozusagen Lese-Wiederholungstäter. Vor einem halben Jahr habe ich mit großer Begeisterung Letters of Note - Briefe, die die Welt bedeuten gelesen und sehr positiv rezensiert (hier). Shaun Usher bloggt über interessante Briefe (www.lettersofnote.com) und über interessante Listen (www.listsofnote.com) und hat seine Blogeinträge nun schon in insgesamt drei englischsprachige - und zwei ins Deutsche übersetzte - Bücher gepackt. Zusammengefasst haben wir also hier den am meisten in Archiven herumlungernden Autor der Moderne und was soll ich sagen? Der Mann macht seine Sache durchaus gut.


Die Rezension



Ich muss ehrlich sagen, dass ich bei diesem Buch mit einer durchaus hohen Erwartung herangegangen bin, was es natürlich nicht immer einfach mit dem Mögen macht. Ich habe vor einem halben Jahr das Erstlingswerk Letters of Note geschenkt bekommen und war von den großartigen Briefen so begeistert, dass ich mir Lists of Note sofort gekauft habe, als es erschienen ist. Nun bieten Briefe aber durchaus mehr literarisches Potenzial, was ich bei Letters of Note ja gerade so geschätzt habe, und die ersten Listen von Lists of Note konnten mich auch nicht so wirklich überzeugen. »Schade«, dachte ich also, »wird wohl an Letters of Note nicht im geringsten herankommen.«

Aber was soll ich sagen? Weit gefehlt. Gute Liebesgeschichten beginnen ja auch nicht gleich auf der ersten Seite (aber auch nicht unbedingt auf der letzten, wenn ihr versteht, was ich meine). Sagen wir mal, gute Liebesgeschichten beginnen so auf Seite 14. (Und das schreibe ich nicht im geringsten, weil die Liebesgeschichte in meinem Buch auf Seite 14 beginnt. Nein, überhaupt nicht. Nicht mal ein Filzelchen.) (Okay, vielleicht schon.) Die Liebesgeschichte von Lists of Note und mir begann auf Seite 39 - ausgerechnet mit Benjamin Franklins Wörterbuch eines Trinkers. Wer hätte es gedacht, dass gerade mich Synonyme für Trunkenheit glücklich machen. Aber zu meiner Verteidigung: Ein Synonym war »Er ist ein bisschen Krokus.« und ich glaube, ich habe fünf Minuten nicht mehr aufhören können zu lachen. 

Aber genau wie gute Liebesgeschichten (ich schlachte diesen Vergleich jetzt noch bis zum Ende aus, stellt euch drauf ein) gibt es eine Vielzahl liebenswerte Etappen, die die Liebesgeschichten-Stimmung so richtig anheizen. Ich habe mir in diesem Buch nicht weniger als 34 Listen markiert, die ich herausragend fand. Und da waren nicht mal alle dabei, die ich an sich lesenswert fand. Das waren sozusagen die 5-Sterne-Listen. 34. 34. (Meine Markier-Streifen haben sich eindeutig verdünnisiert.) Ich kann euch nicht genau sagen, welche Liste mich am meisten fasziniert hat, weil ich wirklich sehr, sehr viele Listen sehr, sehr toll fand. Lovecrafts unheimliche Ideen von H.P. Lovecraft haben mich schon irgendwie abgeholt - obwohl ich die erste Seite nicht so gut fand, aber die Liste ging über 10  (!!!) Seiten (!!!) und war der pure Wahnsinn. Im wortwörtlichsten und positivsten Sinne. Das kann natürlich nur mir so gehen, weil ich selbst schreibe und gute Ideen, die einem eigene Denkanstöße über Dinge geben, sehr zu schätzen weiß, aber ich hatte nach dieser Liste wirklich das Bedürfnis, etwas von H.P. Lovecraft zu lesen. Und wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich sobald das Wort "Horror" aufkommt, schon weiche Knie bekomme.
Ebenfalls großartig fand ich Die Eigenschaften eines kultivierten Menschen von Anton Tschechow - einen Appell an seinen alkoholkranken und gescheiterten Bruder -, Das Kopfkissenbuch von Sei Shōnagon und J'aime, je n'aime pas von Roland Barthes. Aber, wie bereits gesagt, ist die Liste meiner Lieblingslisten (oh that irony) noch sehr viel länger.

Nun ist die Frage allerdings, wieso man ein Buch über Listen lesen sollte. Listen gibt es schließlich kostenlos, irgendwo, immer, von jedem. Wieso sollte ich mir also eine To-Do-Liste von Johnny Cash anschauen und dafür noch so eine lächerlich hohe Summe für ein Buch bezahlen? Meine Meinung: Weil das, was dieses Buch bietet, eindeutig Tiefgang hat. Man kann sich in den strukturierten Gedanken dieser vielen, wirklich intelligenten Menschen verlieren und wieder finden. Wer gern denkt, bekommt hier Anstöße, wer nicht gern denkt - na ja, sollte sich vielleicht über sein Leben ein paar Gedanken machen. Es bringt nichts, sich dieses Buch zu kaufen und sich dann nicht darauf einzulassen. Man muss ein bisschen fallen, um von den Gedanken gefangen zu werden. Aber genau dieses Gefangen-Werden von Gedanken macht das Buch wertvoll - weshalb man es eindeutig lesen sollte. (Im Übrigen: wenn ich in dieser Beziehung entweder zu Letters of Note oder zu Lists of Note raten müsste, würde ich immer noch zu Letters of Note tendieren, aber wenn man drauf steht, sich von alten und neuen Ideen und Gedanken, die Menschen mit ihren eigentlich "nebensächlichen" Dokumenten wie Briefen oder Listen in die Welt hinausschicken, inspirieren zu lassen, dann kauft euch beide.) (Und wenn ihr euch nur eins von beiden oder keins von beiden leisten könnt oder wollt, dann besucht www.listsofnote.com und www.lettersofnote.com - dort könnt ihr die kurierten Dokumente auf Englisch lesen. Ganz kostenlos.) (Aber das Buch ist sehr, sehr schön. Und wenn ihr Liebhaber von sehr, sehr schönen Büchern seid, dann kauft es euch.) (Ich meine es ernst, meine Freunde, ihr werdet es nicht bereuen.)


Links zum Weiterlesen


» letzter Post [D E Z E M B E R - Weihnachten, gute Vorsätze, Silvester'party']
» letzte Rezension [Malala - Meine Geschichte von Malala Yousafzai]
» Rezension Letters of Note - Briefe, die die Welt bedeuten 

» www.listsofnote.com
» www.lettersofnote.com

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Alles Liebe,
Antonia

2 Kommentare:

  1. Ich finde ein sehr ausführlichen Beitrag :O und finde vor allem deine eigene Meinung schön geschildert ich schaue mir das Buch gerne an.
    Die eine in der Masse

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    1. Huhu :)

      Es freut mich sehr, dass dir die Rezension gut gefallen hat ^^ (wirklich, man sollte meinen, dass man irgendwann weniger euphorisch über so etwas ist, aber ich bin immer sehr happy, wenn ich jemandem etwas näher bringen konnte, das ich für sehr gut halte)

      Liebst,
      Antonia

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Danke, dass ihr durch eure Kommentare aktiv zum Training von Antonias Sprunggelenken beitragt. Sollte sie nach eurem Kommentar länger nichts posten, liegt es nahe, dass sie sich beim Rückwärts-Flick-Flack nach dem Entdecken einen Wirbel ausgerenkt hat.

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