8/30/2015

[Artikel] Michael Buchinger - mein August-Lebensretter ODER: Ich hasse Spontanität

Michael Buchinger, vice.com



Vor gut eineinhalb Wochen habe ich das letzte Mal einen Artikel vorgestellt/kommentiert/aus tiefstem Herzen empfohlen (nennt es wie ihr wollt, da bin ich liberal) und da das Wetter so schön ist, dass ich mich praktisch aus Prinzip in meinem Zimmer verkrieche und mir eine kältere Jahreszeit herbeiwünsche, hatte ich sehr viel Zeit, sehr viele Artikel zu lesen. Und YouTube-Videos zu schauen. Und ja, auch Schulzeug zu machen*. Aber primär die primäre und sekundäre Sache. So habe ich Michael Buchinger entdeckt. Und da sag noch einer, nicht rauszugehen sei ungesund. Nicht rauszugehen und auf YouTube rumzuhängen, ist vielleicht das Gesundeste (ein Wort, das sich seltsam falsch anhört, aber jetzt trotzdem einfach stehen bleibt), was ich in meinen Sommerferien gemacht habe.

"Was hat das alles mit dem Artikel zu tun, Antonia?" fragt ihr euch jetzt ganz sicher**. Das ist genau die falsche Herangehensweise! Habe ich jemals in meinen Erklärmanövern enttäuscht? Bin ich jemals nicht irgendwann irgendwie auf den Punkt gekommen? Und wenn ihr Einleitungen hasst, wieso seid ihr dann überhaupt noch hier? Ich zelebriere Einleitungen, das solltet ihr aber wissen. Fragt lieber sinnvollere Sachen wie: "Existiert das Wort "Gesundeste" wirklich?". Das beschäftigt zumindest mich gerade. Aber nicht genug, um es nachzuschlagen oder bei Google einzugeben. Wie auch immer. Ich wollte ja eigentlich über Michael Buchinger und meine leidenschaftliche Frischluft-Verachtung sprechen und über den August und wieso genau manche Artikel echte Lebensretter sind. Und weil zwei Absätze Einleitung dann doch mehr als genug sind, mach ich das jetzt auch einfach:

Ich habe Michael Buchinger - den Verfasser des Artikels - vor einigen Wochen dank des Webvideo-Preises entdeckt (den er in der Kategorie "Lifestyle" dieses Jahr mit seinem Hasslisten-Format auf YouTube gewonnen hat). Wie bereits angeklungen ist, ist er vor allem für seine "Hasslisten" bekannt, in denen er am Ende jedes Monats aufzählt, was er in ihm besonders gehasst hat. Ansonsten bastelt er ab und zu auf seinem Kanal, riskiert Leib und Leben beim Backen und ist auch ansonsten ein wirklich liebenswertes Unikat auf YouTube. Er dreht allerdings nicht nur YouTube-Videos, sondern schreibt auch herrliche Artikel. Wie den, den ich euch heute vorstellen will.

Michael liebt Weißwein, hasst ansonsten aber ziemlich viel und beweist das in schönster Regelmäßigkeit auf seinem YouTube-Kanal. Für seine Rubrik „Meine Hassliste" hat er dieses Jahr sogar einen Webvideopreis gewonnen—wenn Michael Buchinger also eine Woche lang dazu gezwungen ist, allem positiv gegenüberzustehen, ist das ein ziemlich großes Opfer. Vorhang auf.
Anmerkung der vice-Redaktion, Einleitung zum Artikel

Michael Buchinger hat also eine Woche lang zu allem "Ja" gesagt und lehrt die Leser der Auswertung dieses Experiments ein Mal mehr, dass eine positive Lebenseinstellung dich nirgendwo hin bringt, außer ins Krankenhaus. Das ganze ist zusätzlich untermalt mit einigen Bildern, die dieses gewisse "Was zur Hölle mache ich eigentlich"-Gefühl einfangen, das ich momentan sehr gut verstehen kann. Man muss nicht immer "Ja!" sagen und die Erlebnis-Möglichkeiten zelebrieren, die einem das Leben vielleicht - vielleicht auch nicht - vor die Füße schmeißen könnte, auch wenn manche Instagram-Accounts euch das Gegenteil vorgaukeln. Wenn man auf eine Sache keine Lust hat, dann ist das in Ordnung. Ihr verpasst nicht jedes Mal die wichtigste Erfahrung eures Lebens. Euer Leben ist schließlich kein Motivations-Song einer berliner Indie-Band, die ab der Hälfte des Liedes beginnt auf Styropor zu musizieren und dazu Ausdruckstanz zu Gertrude Stein-Texten betreibt. (Zu eurer Information: So wollt ihr euer Leben auch gar nicht haben. Ich bin vor einem viertel Jahr aus Versehen in ein modernes Symphonie-Konzert geraten, auf dem wirklich zwischendurch mit Styropor musiziert wurde und das war wirklich alles andere als bereichernd.)


Ich möchte jetzt keinen demotivieren, der sich ein Ziel gesetzt hat und da mit Elan ran geht. Gott, nein, macht das ruhig. Versucht alles Leben einzuatmen und Erfahrungen zu sammeln, finde ich super. Aber manchmal hat man einfach nicht den Elan sich ins - seien wir ehrlich - mehr unspektakuläre als aufregende Leben zu stürzen. Manchmal hat man auch das Recht "Nein" zu sagen.

Ich habe im Moment keine Lust, permanent "Ja" zu sagen. Ich will im Moment, um ehrlich zu sein, ziemlich viel "Nein" sagen und selbst entscheiden, welche Dinge mir Spaß machen und welche Dinge ich einfach lassen will. Und ich finde es großartig, wie Michael Buchinger genau die Gegentrends schafft, die wir brauchen (oder vielleicht brauche auch nur ich Michael Buchingers Gegentrends, aber wie dem auch sei..). Ich finde es in Ordnung zu versuchen, die beste Version von sich selbst zu sein. Wirklich. Aber ich finde es auch in Ordnung, Spontanität manchmal einen Tritt in den Hintern zu verpassen. Wenn ihr gerade nicht spontan sein könnt oder spontan sein wollt, dann ist das okay. "Spontan sein" heißt nämlich nicht immer "besser werden". Ganz im Gegenteil. Wenn ihr besser werden wollt, dann wohl eher durch koordinierten Arbeits-Wahnsinn - die Betonung liegt auf koordiniert - und nicht durch spontane Ukulele-Konzerte. (Ja, auf so was läuft Spontanität hinaus. Obwohl ich eine Freundin habe, die herausragend Ukulele spielt. Wenn sie ein Konzert machen würde, wäre ich sofort zur Stelle und würde peinliche Fangirl-Plakate basteln.)

Und unabhängig davon, ob ihr im Moment traurig seid und einfach aus einer Situation heraus nicht spontan das Leben schnüffeln wollt oder ob ihr einfach einen Vorschlag für irgendeine Aktivität bekommt, die so dämlich ist, dass euch allein schon von der Vorstellung, damit eure Zeit zu vergeuden, übel wird: Ihr müsst es nicht immer anderen Recht machen. Ab und an "Nein" zu sagen, macht euer Leben nicht umbedingt weniger spektakulär.

Und wenn ihr wirklich Spaß wollt, dann schaut doch mal auf Michael Buchingers' YouTube-Kanal oder seinem Blog vorbei. Zumindest mir hat das im August nämlich wirklich das Leben versüßt.
Und nun, meine jungen Lehrlinge, schwärmt aus in die Welt und boykottiert Einladungen zu Lotti-Karotti-Spieleabenden und Crossfit-Trainingseinheiten.



Alles Liebe und noch ein schönes Wochenende,
Antonia



Michael Buchingers YouTube-Kanal
Michael Buchingers Blog

Der letzte Post [Artikel] Und täglich grüßt der Zeigefinger (Ehrlichkeit in der Öffentlichkeit)



* Ich ertrinke gerade metaphorisch in Informationen über Hildegard von Bingen. Das heißt so viel wie: "Ich lese momentan sehr viel, aber die Bücher, die ich lese, möchte ich nicht rezensieren, weil wieso sollte ich eine Biografie von Hildegard von Bingen rezensieren?!" Solltet ihr überraschender Weise brennende Verehrer von Hildegard von Bingen sein, mache ich das natürlich gern.

** Ich bin sicher, dass sich diese Frage kein Mensch gestellt hat. Aber ich brauchte eine Überleitung und die imaginäre Stimme im Kopf meiner imaginären Leser musste herhalten. Verzeiht mir bitte.


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Danke, dass ihr durch eure Kommentare aktiv zum Training von Antonias Sprunggelenken beitragt. Sollte sie nach eurem Kommentar länger nichts posten, liegt es nahe, dass sie sich beim Rückwärts-Flick-Flack nach dem Entdecken einen Wirbel ausgerenkt hat.

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